Einleitung
Hochwirksames Tennistraining bedeutet: Du investierst Zeit dort, wo der Ertrag am größten ist. Statt mehr zu machen, machst du das Richtige. Für Spieler und Coaches heißt das, sich auf wenige Hebel zu konzentrieren, diese messbar zu verfolgen und konsequent in der Praxis umzusetzen.
Kernidee: 80 Prozent deines Match-Erfolgs kommen von 20 Prozent deiner Trainingsinhalte. Finde diese 20 Prozent und verdopple deinen Fokus.
Schlüsselkonzepte
- Spezifität: Trainiere Bewegungen und Energiesysteme, die im Match zählen. Kurze Sprints, Richtungswechsel, Aufschlag und Return.
- Minimale wirksame Dosis: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Qualität schlägt Volumen.
- Geschwindigkeit vor Ausdauer: Schnelligkeit und erster Schritt sind limitierende Faktoren. Kondition stützt, ersetzt aber nicht Speed.
- Kopplung von Technik und Taktik: Aufschlag plus erster Ball. Return plus Neutralisation. Muster vor Einzeltechnik.
- Messbarkeit: Einfache Tests, klare Ziele, ehrliches Tracking. OffCourt hilft dir dabei, RPE, Volumen und Fortschritt zu protokollieren.
Ich bin USPTA-Coach und Sportwissenschafts-Nerd. In meinen Gruppen mache ich mehr 5-Meter-Sprints als 5-Kilometer-Läufe. Die Inhalte hier sind praxiserprobt, alltagstauglich und liefern Grip auf dem Court.
Die größten Hebel im Tennistraining
1. Speed First: erster Schritt und Richtungswechsel
Tennis ist ein Spiel der ersten 3 Meter. Wer schneller startet und schneller stoppt, sieht technisch besser aus, weil er rechtzeitig am Ball ist. Trainiere deshalb:
- Split-Step Timing
- 0 bis 5 Meter Beschleunigung
- Hartes, kontrolliertes Abbremsen
Definition: "Richtungswechsel-Kompetenz" bedeutet, mit stabilem Rumpf und aktivem Fußgewölbe Tempo aufzubauen und sicher zu stoppen.
2. Serve + First Two Shots
Die meisten Punkte werden innerhalb der ersten vier Schläge entschieden. Trainiere Aufschlag plus Folgeschlag und Return plus Neutralisation als feste Muster.
- Aufschlag, Zielzone, Vorbereitungsschritt, erster Vor- oder Rückhandball
- Return tief in die Mitte, dann neutral cross
3. Wiederholte Sprintfähigkeit
Tennis verlangt wiederholte kurze Hochintensitätseinsätze mit kurzer Pause. Konditioniere mit 10 bis 20 Sekunden Arbeit, 10 bis 20 Sekunden Pause und vielen Richtungswechseln.
4. Kraft, die die Technik schützt
Spezifische Kraft ist dein Airbag. Stabiler Rumpf gegen Rotation, starke Hüfte für Abstoß, belastbare Waden für viele Stopps.
- Anti-Rotation und Anti-Lateralflexion
- Hüftdominante Bewegungen und Ausfallschritte
- Isometrien für Sehnenrobustheit
5. Mobilität dort, wo sie zählt
Für den Aufschlag brauchst du Schulteraußenrotation, Brustwirbelsäulenrotation und Hüftstreckung. Weniger Stretching, mehr aktive Endrange-Kontrolle.
Messbar machen: einfache Tests
Halte Tests simpel. Du willst wiederholbare Aussagen in der Praxis.
Test 1: 5×10-m-Shuttle
- Aufbau: Zwei Linien mit 10 m Abstand. Start an Linie A.
- Ablauf: Sprint A zu B und zurück, 5 Wiederholungen ohne Pause. Stoppuhr.
- Zielwerte: Fortgeschritten 55 bis 60 s, ambitioniert 50 bis 54 s. Anfänger 65+ s.
- Abbruchkriterium: Schlurfende Schritte oder schmerzhaftes Ziehen. Dann stoppen.
- Tracking: Zeit, wahrgenommene Anstrengung (RPE 1 bis 10), Tageskommentar. In OffCourt als Test speichern.
Test 2: 20-Aufschlag-Zieltest
- 10 erste Aufschläge nach außen, 10 in den Körper oder T
- Zähle Treffer in Zielzonen und Fehlerquote ins Netz
- Ziel: 60 Prozent Treffer in definierter Zone, Netzfehler unter 20 Prozent
Faustregel: Wenn die Testleistung trotz guter Erholung zweimal in Folge sinkt, senke die Trainingsdichte oder das Volumen in Woche 2.
Praxis: Drills mit hoher Rendite
Jeder Drill enthält Sätze, Wiederholungen, Cues und Pausen. Qualität vor Tempo.
Drill A: 5-m-First-Step Sprints
- Aufbau: Markiere 5 m. Starte aus Split-Step.
- Umfang: 6 Sätze × 3 Sprints
- Pause: 20 bis 30 s zwischen Sprints, 90 s zwischen Sätzen
- Cues: Leiser erster Schritt, Knie vorwärts, Arme aggressiv mitnehmen.
- Ziel: Maximale Anfangsbeschleunigung ohne Stolpern.
Drill B: Stop-and-Go Richtungswechsel
- Aufbau: 2 Kegel im Abstand 4 m, laterale Shuffle-Bewegung.
- Ablauf: Shuffle zu Kegel, tiefer Stopp, explosive Gegenrichtung.
- Umfang: 4 Sätze × 20 s Arbeit
- Pause: 60 s
- Cues: Brust bleibt ruhig, Blick vorn, Fußgewölbe aktiv.
Drill C: Aufschlag + erster Ball Inside-Out
- Aufbau: Deuce-Seite, Zielzone breit. Coach oder Ballmaschine füttert Rückhandfeld.
- Ablauf: 1 Aufschlag breit, Split-Step, Inside-Out-Vorhand ins freie Feld.
- Umfang: 6 Blöcke × 6 Bälle
- Pause: 60 bis 90 s pro Block
- Cues: Rhythmus im Wurf, Landung stabil, erster Schritt entscheidet. Kein Heldenball, nur klares Muster.
- Variante: Ad-Seite mit Kick nach außen und Inside-In-VH.
Drill D: Return + Neutralisation mittig
- Aufbau: Aufschlag von Partner. Return-Ziel ist tiefes Zentrum.
- Ablauf: Return cross in die Mitte, nächster Ball cross neutral.
- Umfang: 5 Blöcke × 8 Returns
- Pause: 60 s
- Cues: Kürzerer Ausholweg, fester Stand, Trefffenster vor der Hüfte. Den zweiten Ball nicht zu früh öffnen.
Drill E: Isometrie-Kraftpaket für Tennis
- Split-Squat Hold: 3 Sätze × 30 bis 45 s pro Seite. Knie über Zehen, Druck auf Vorderfuß und Ferse gleichmäßig. 45 bis 60 s Pause.
- Seitstütz mit Zug: Widerstandsband um Rist. 3 × 20 s pro Seite. Hüfte hoch, Rippen runter. 45 s Pause.
- Pallof Press Isometrie: 3 × 30 s pro Seite. Neutraler Rumpf, ausatmen in der Spannung. 45 s Pause.
- Waden-Isometrie an Kante: 3 × 30 s oben halten, 30 s Pause. Knie gestreckt und leicht gebeugt abwechseln.
Warum Isometrien? Sie erhöhen Sehnen-Toleranz und Stabilität, ohne dich für die nächste Einheit zu ermüden. Ideale Mikro-Dosis an dichten Trainingstagen.
Drill F: Medball Bound to Open Stance FH
- Aufbau: Medball 2 bis 3 kg, offener Stand, seitlicher Sprung.
- Ablauf: Lateraler Bound, Landung stabil, Medball Rotationswurf. Danach 1 Shadow-Swing.
- Umfang: 4 Sätze × 4 Würfe pro Seite
- Pause: 60 bis 90 s
- Cues: Landen, still werden, erst dann werfen. Hüfte treibt, Arm folgt.
Drill G: On-Court Intervall 15/15
- Aufbau: 4 Kegel als T, du läufst Variationen von L-Mustern mit Schläger.
- Umfang: 10 bis 14 Intervalle à 15 s Arbeit, 15 s Pause
- Cues: Kleine Schritte in den Stopp, großer erster Schritt raus. Racket-Headspeed bleibt aktiv.
- Ziel: Wiederholte Sprintfähigkeit ohne Technikverlust.
Wochenstruktur: 2-Wochen-Mikrozyklus
Zielgruppe: Ambitionierte Spieler mit 4 bis 6 Einheiten pro Woche. Passe Volumen an dein Niveau und Saisonphase an. Nutze OffCourt, um RPE, Dauer und Notizen pro Einheit zu tracken.
Woche 1
- Montag
- AM: Speed + Richtungswechsel (Drill A, B). Gesamt 40 min. RPE 7.
- PM: Technik Muster Serve + 1 (Drill C). 45 min, 6 Blöcke.
- Dienstag
- AM: Kraft Isometrien + Medball (Drill E, F). 45 min. RPE 6.
- PM: Match-Play Sätze verkürzt, Fokus Return-Mitte. 60 min. RPE 7.
- Mittwoch
- Aktiv-Regeneration: 30 min lockere Mobilität, leichtes Seilspringen, 20 min. RPE 3. Optional: 20 Aufschläge Technik nur 60 Prozent Tempo.
- Donnerstag
- AM: Speed Refresh kurz: Drill A nur 4×2 Sprints. 15 min.
- PM: On-Court Intervall 15/15 (Drill G). 12 Intervalle. Danach 10 Minuten Technik Shadow Swings. RPE 8.
- Freitag
- AM: Technik Return + Neutralisation (Drill D). 40 min.
- PM: Kraft kurz und knackig: Split-Squat Hold 3×30 s, Waden-Iso 3×30 s, Pallof 3×30 s. 25 min.
- Samstag
- Match-Simulation: Serve + First Two Shots Scoring. 8 Spiele, nur bis 30-30, dann Freipunkt. RPE 7 bis 8.
- Sonntag
- Off. Spaziergang, 8 bis 10k Schritte. Atemarbeit, 10 min.
Woche 2
Leichte Progression in Dichte oder Qualität, nicht in totaler Müdigkeit. Teste am Wochenbeginn.
- Montag
- Testtag: 5×10-m-Shuttle, 20-Aufschlag-Zieltest. Danach leichtes Technik-Feeling 30 min.
- Dienstag
- AM: Speed + Richtungswechsel mit Progression: Drill B 5×20 s. Drill A 6×3 Sprints, letzte 2 Sätze mit fliegendem Start. RPE 7 bis 8.
- PM: Serve + 1 mit Ziel kleiner Zone. 6 Blöcke × 6 Bälle, Trefferziel plus 10 Prozent vs Woche 1.
- Mittwoch
- Kraft + Mobility Mix: Drill E komplett, dazu aktive Schulter-Außenrotation 3×8 pro Seite. 45 min. RPE 6.
- Donnerstag
- On-Court Intervall 15/15, jetzt 14 Intervalle. RPE 8. Danach 10 lockere Returns.
- Freitag
- Technik Return + Neutralisation, dann 20 min Punktstart bei zweitem Aufschlag. RPE 7.
- Samstag
- Match-Play, Sets first-to-4. Feste Aufgaben: Jeder Punkt beginnt mit definiertem Muster. RPE 7 bis 8.
- Sonntag
- Off. Check-in: Schlafmittelwert, Belastungseintrag, kleine Notiz in OffCourt. Plane Woche 3.
Steuerung: Wenn RPE über 8 und Schlafqualität unter deinem Durchschnitt liegt, reduziere in Woche 2 das Intervallvolumen um 20 Prozent oder ersetze eine Einheit durch Regeneration.
Umsetzung und Monitoring
- RPE-Skala 1 bis 10: 1 sehr leicht, 10 all out. Zielbereiche siehe Plan.
- sRPE-Load: RPE × Dauer in Minuten. Erzeuge sanfte Wellen statt Stufen. 300, 450, 350, 500 in vier Einheiten ist besser als 400, 400, 400, 400.
- Technikmarker: Netzfehler-Quote, Tiefenquote in die Mitte, erste-Ball-Treffer. Kurz notieren.
- Körpermarker: Wadenhärte, Knie- oder Rückenfeedback. Ein Wort genügt.
OffCourt erleichtert konsistentes Tracking. Du kannst Drills als wiederkehrende Bausteine anlegen, Belastung grafisch sehen und Cues in den Notizen fixieren.
Häufige Fehler und Gegenmaßnahmen
- Zu viel Volumen in Mitteltempo. Besser: kurze, harte Sprints mit voller Qualität.
- Muster vernachlässigt. Besser: Serve + 1 und Return + Neutral erst, dann freies Spiel.
- Keine Pausenstruktur. Besser: Klare Intervalle und Sätze. Pausen stoppen.
- Krafttraining wie Bodybuilding. Besser: Isometrien, Medball, Mehrgelenk, Anti-Rotation.
- Dehnen ohne Funktion. Besser: Aktive Endrange-Kontrolle für Schulter und BWS.
- Keine Messung. Besser: Zwei einfache Tests alle 14 Tage und Training daran ausrichten.
Praktische Beispiele aus der Coaching-Praxis
Ich habe eine 4er-Trainingsgruppe von 90 auf 55 Sekunden im 5×10-m-Shuttle gebracht, ohne längere Läufe. Der Hebel war die Qualität der Stopps und der erste Schritt. Sobald wir Isometrien für die Wade hinzufügten, gingen die Netzfehler beim Return runter, weil die Spieler stabiler standen. Im Serve + 1-Drill stieg die Punkteausbeute, als wir die Zielzonen kleiner machten und die Gesamtbälle pro Block reduzierten. Weniger, aber schärfer.
Häufige Fragen kurz beantwortet
- Wie oft Speed? Zwei bis drei kurze Einheiten pro Woche, am besten vor Technik oder separiert.
- Brauche ich lange Cardio-Läufe? Nur situativ für Grundlagenerholung. Ersetze den Großteil durch court-spezifische Intervalle.
- Wann Kraft? Entweder nach Technik, wenn moderat, oder an separaten Tagen. Isometrien gehen fast immer.
- Wie steigern? Erst Qualität, dann Dichte, zuletzt Volumen. Ein Drill pro Woche progressieren genügt.
Zusammenfassung
Hochwirksames Tennistraining bündelt Ressourcen auf die großen Hebel: Speed, Richtungswechsel, Serve + 1, Return + Neutral, spezifische Kraft und einfache Messbarkeit. Mit kurzen, klar strukturierten Drills und einem zweiwöchigen Mikrozyklus erzielst du schnelle, stabile Fortschritte. Tracke RPE und Tests, halte Pausen ein und fokussiere Muster. So übersetzt sich Training in Punkte.
Merksatz: Schnell starten, sauber stoppen, klar punkten.
Checkliste vor dem nächsten Training
- Habe ich ein Musterziel für heute? Serve + 1 oder Return + Neutral
- Sind meine Drills mit Sätzen, Wiederholungen und Pausen geplant?
- Kenne ich die zwei Cues pro Drill?
- Ist mein RPE-Ziel klar und tracke ich die Einheit in OffCourt?
- Mache ich am Ende 5 Minuten Notizen zu Trefffenster, Netzfehlern, Feeling?
Nächste Schritte auf dem Court
- Führe zu Wochenbeginn den 5×10-m-Shuttle und den 20-Aufschlag-Test durch. Notiere Basiswerte.
- Starte Woche 1 des Mikrozyklus. Halte dich an Pausen und Cues.
- Wähle zwei Drills als Fixpunkte: Drill A und Drill C. Verfolge ihre Qualität über 2 Wochen.
- Am Ende von Woche 2 retesten. Passe Dichte oder Volumen basierend auf den Ergebnissen an.
- Baue ab Woche 3 eine neue Progression ein: kleinere Zielzone beim Serve oder 2 zusätzliche 15/15-Intervalle. Bleib spezifisch und messbar.