Warum jetzt ein Timing-Reset zählt
Die US Open 2025 endeten am 8. September. Direkt danach startete die Davis Cup Gruppenphase auf schnellen Indoor-Hartplätzen. Das ist die Phase, in der Reaktion und Split-Step-Timing Matches entscheiden. Drinnen springt der Ball niedriger. Die Zeit zwischen Kontakt des Gegners und deiner Reaktion schrumpft. Wer den Split-Step zu spät setzt, kommt ins Rutschen. Wer zu früh landet, verliert Energie.
Ich habe diesen Wechsel jedes Jahr gespürt. Draußen kann man etwas „surfen“. Drinnen musst du den Boden kurz, elastisch und gezielt nutzen. Timing schlägt Kraft.
Kernidee: Landen am Gegnerkontakt, dann pushen auf deiner eigenen „Boden-Bounce“. Ziel: 0,15-0,25 s Kontaktzeit bis zum ersten Schritt.
Die Prinzipien des Split-Step auf Indoor-Hard
- Landen, wenn der Gegner den Ball trifft. Nicht springen, nicht hängen. Landen.
- Der Körper federt kurz. Du speicherst Elastizität in Knöchel, Knie, Hüfte.
- Push mit dem ersten Schritt in 0,15-0,25 s nach der Landung. Das ist dein „Bounce“.
- Der erste Schritt ist gerichtet. Kein Zucken, kein Opfer-Schritt. Hüfte zeigt früh in die Spielrichtung.
- Tiefer Schwerpunkt. Schultern ruhig, Blick stabil. Wie ein Läufer in den ersten zwei Schritten eines Sprints.
Analogie aus dem Laufen: Stell dir Strides vor. Kurzer Bodenkontakt, klarer Kniehub, hohe Kadenz. Genau so soll dein Split-to-First-Step aussehen.
Der feldtaugliche Timing-Audit
Ziel: In 30-40 Minuten deine Ist-Lage erfassen und klare Anpassungen für Indoor finden. Du brauchst: Metronom oder App, Smartphone mit Slow-Mo, 6 Hütchen, Stoppuhr. Optional: ein Partner. Tracking kannst du mit einem einfachen OffCourt Audit-Sheet lösen.
1. 3-Beat Metronom Drill
Zweck: Deine Landung am Gegnerkontakt automatisieren und die Push-Latenz verkürzen.
- Setup: Partner auf der anderen Seite, mittlerer Grundliniendistanz. Metronom auf 90-110 BPM starten. Drei Schläge bilden einen Flugbogen des gegnerischen Balls ab: Hoch, Spitze, Runter.
- Mapping:
- Schlag 1 = Gegnerkontakt. Du landest exakt auf Schlag 1.
- Zwischen Schlag 1 und 2 = dein Bounce und Push. Ziel: erster Schritt beginnt 0,15-0,25 s nach Schlag 1. Bei 100 BPM liegen Schläge 0,6 s auseinander. Dein Push startet deutlich vor Schlag 2.
- Schlag 3 = Ball fällt zu dir. Du bist bereits in Bewegung.
- Cues: „Land bei 1. Drück vor 2. Sei frei bei 3.“
- Umfang: 3 Serien x 90 Sekunden pro Seite. 60 Sekunden Pause zwischen den Serien.
- Progression: Tempo erhöhen, wenn du stabil bleibst. 90 BPM bei langsameren Bällen, 110 BPM bei schnellen Drills. Indoor tendiert höher.
Quick Fix: Wenn du auf Schlag 2 erst pushst, bist du zu spät. Senke die Sprunghöhe. Denke „Stempel“ statt „Sprung“.
2. Smartphone Slow-Mo Check
Zweck: Objektiv sehen, ob Landung und erster Schritt passen.
- Setup: Telefon auf 120-240 fps, seitliche Perspektive auf deine Beine. Partner schlägt regulär Crosscourt an.
- Checkpunkte in der Auswertung:
- Genau am Gegnerkontakt: Beide Füße am Boden. Knöchel, Knie gebeugt. Fersen leicht, nicht tief.
- 0,15-0,25 s nach Landung: Erster Schritt setzt ein. Du pushst über dem Innenballen des fußabgewandten Beins.
- Hüfte dreht in Spielrichtung, Kopf bleibt stabil.
- Metrik: Zähle Frames zwischen Landung und erstem Schritt. Bei 240 fps entsprechen 4-6 Frames etwa 0,017 s pro Frame x 4-6 = 0,07-0,10 s. Ziel: 4-8 Frames nach Landung bis erster Schritt.
- Umfang: 6 Ballwechsel pro Seite filmen. Best 4 Clips notieren. Mit OffCourt kannst du die Frames und Cues in einer Liste festhalten.
Wenn du über 10 Frames brauchst, reduziere Sprunghöhe und halte die Arme dichter am Körper beim Landen.
3. 2-Shuttle Timing Test
Zweck: Reaktions-Timing und erster Schritt unter Entscheidungsdruck messen.
- Setup: Auf der Grundlinie am Mittelpunkt stehen. Je ein Hütchen 3 m links und 3 m rechts. Partner gibt einen akustischen Cue „Hit“ und zeigt zeitgleich links oder rechts.
- Aufgabe: Du landest auf den Cue, nimmst den ersten Schritt in die angezeigte Richtung und läufst genau 2 Schritte zum Hütchen. Plant mit außen stehendem Fuß, dann 2 Schritte zurück zur Mittellinie. Sofort in Split-Ready enden.
- Timing:
- Start: akustischer Cue.
- Stop: Sobald du mit beiden Füßen die Mittellinie wieder berührst.
- Umfang: 6 Versuche pro Seite. 20-30 s Pause zwischen Versuchen. Notiere jede Zeit.
- Zielwerte:
- Leistungsorientierte Erwachsene: < 2,20 s pro Versuch.
- Ambitionierte Juniors: < 2,30 s.
- Über 2,50 s: Fokus auf kürzere Bodenkontaktzeit und kürzere Schritte.
- Bonus: Wenn möglich, filme seitlich. Markiere den Moment von Landung, erstem Schritt und Richtungswechsel.
Interpretation: Gute Zeiten mit hoher Streuung deuten auf Timing-Probleme bei der Landung hin. Konsistente Zeiten mit schwachem Mittelwert deuten auf zu lange Bodenkontaktzeit hin.
4. Kurzprotokoll zur Standortbestimmung
- Metronom Drill: Triffst du 80 Prozent der Landungen genau auf Schlag 1? Ja/Nein.
- Slow-Mo: 4-8 Frames Landung bis erster Schritt im Median? Ja/Nein.
- 2-Shuttle: Durchschnitt unter dem Zielwert? Ja/Nein.
- Fazit: Zwei oder mehr „Nein“ = Timing-Schwerpunkt für die nächsten 14 Tage.
Serve und Return Spezifität
Timing ist kontextspezifisch. Drinnen zählen Millisekunden.
Return, Deuce vs. Ad
- Deuce-Seite: Der Körper dreht leichter in die Vorhand. Viele Server ziehen den Aufschlag nach außen. Cue: Mini-Split etwas früher, Schwerpunkt tiefer. Landen am Kontakt und erster Schritt diagonal nach vorn-außen.
- Ad-Seite: Mehr Körperrotation in die Rückhand. Körperaufschläge kommen schnell. Cue: Landen am Kontakt, erster Schritt oft lateral innen, Schläger früh vor dem Körper.
- Auf schnelle erste Aufschläge: Split kleiner, sehr kurzer Bodenkontakt. Stell dir „Pogo“ vor. Auf zweite Aufschläge: Split etwas größer, mehr Lesetiefe.
Serve + 1 für den Aufschläger
- Nach dem Aufschlag lande in einem Mikro-Split, bevor der Returner trifft. Landung am Return-Kontakt. Dann erster Schritt zur geplanten +1 Zone.
- Deuce: Auf Slice nach außen folgt oft Inside-In. Landung am Returnkontakt, erster Schritt in den Platz hinein.
- Ad: Körperaufschlag erzeugt zentralen Return. Landung am Kontakt, erster Schritt nach innen zum Feld, um die Rückhand zu entlasten.
Cue: Aufschlag fertig, atme aus, setz Mikro-Split kurz vor dem Returnkontakt, dann push. Nicht gleiten, keine großen Hüpfer.
Drills und Progressionen für Indoor-Speed
A. Micro-Split Cadence Ladder
- Ziel: Bodenkontaktzeit auf 0,15-0,25 s bringen.
- Equipment: Metronom 100-120 BPM.
- Ablauf: 4 Stufen x 30 s, 30 s Pause.
- 100 BPM, niedriger Split, „Land bei 1, push vor 2“. 2 Serien.
- 110 BPM, gleiche Höhe, 2 Serien.
- 120 BPM, Mini-Split, Arme ruhig, 2 Serien.
- 120 BPM mit Richtungsentscheidung. Partner ruft L oder R kurz nach Schlag 1. 4 Serien.
- Cues: „Leise Füße. Kurzer Boden. Knie weich. Kopf ruhig.“
B. Pogo to Push Sequencing
- Ziel: Elastische Landung in gerichteten ersten Schritt übersetzen.
- Ablauf:
- 3 x 15 Sekunden Pogos auf der Stelle, 30 s Pause.
- Direkt danach 6 x 4 Wiederholungen: Pogo x2, dann Split-Landung, sofort erster Schritt nach links oder rechts. 45 s Pause.
- Coaching: Hüfte dreht früh. Erster Schritt ist groß genug, um den Schwerpunkt mitzunehmen.
C. Reaktive Coach-Feed mit Farb-Cue
- Ziel: Visuelle Entscheidung und Timing koppeln.
- Setup: Coach mit 3 Filzbällen in zwei Farben. Farbe bestimmt Richtung. Werfen oder flach federn.
- Ablauf: 3 Serien x 8 Bälle. Spieler landet beim Coach-Kontakt, reagiert auf die Farbe, erster Schritt in Richtung.
- Rest: 60 s zwischen Serien.
D. Return-spezifisch: Block-Read Drill
- Ziel: Split-Höhe und Landung bei schnellen ersten Aufschlägen.
- Setup: Partner serviert 60-70 Prozent Tempo. Spots: Deuce weit, Ad Körper.
- Ablauf: 4 Serien x 6 Returns. Du landest am Balltreffpunkt des Servers. Erster Schritt minimal, Schläger früh vor dem Körper, Blockkontakt.
- Rest: 45 s. Seite wechseln.
E. Serve + 1 Micro-Split Drill
- Ziel: Eigener Mikro-Split vor dem ersten Schlag nach dem Aufschlag.
- Ablauf: 6 Serien x 4 Aufschläge. Nach jedem Aufschlag Mikro-Split kurz vor dem erwarteten Returnkontakt, dann erster Schritt in die geplante +1 Richtung.
- Cues: „Aufschlag. Sammeln. Split. Push.“
- Rest: 60 s zwischen Serien.
2-Wochen Mikrozyklus Indoor Timing-Reset
Leistungsorientierte Erwachsene und Juniors. 5 Einheiten pro Woche. 60-75 Minuten. Eine Mischung aus Technik, Reaktion und kurzen Plyos. Tracke Metronom-Trefferquote, Slow-Mo Frames und 2-Shuttle Zeiten im OffCourt Sheet.
Woche 1
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Montag – Technik + Plyo
- Warm-up 10 min: Mobilität, leichte Pogos 2 x 20 s.
- Micro-Split Cadence Ladder: 4 Stufen wie oben.
- Pogo to Push: 6 x 4 Wdh, 45 s Pause.
- Slow-Mo Clips: 6 Rallyes je Seite, 120-240 fps.
- Cooldown 5 min.
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Dienstag – Reaktion + Return
- Warm-up 8 min.
- 3-Beat Metronom Drill: 3 x 90 s pro Seite, 60 s Pause.
- Return Block-Read: 4 x 6 Returns je Seite, 45 s Pause.
- 2-Shuttle Technikprobe ohne Zeit: 6 Versuche leicht, Fokus Landung am Cue.
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Mittwoch – Regeneration aktiv
- 25-35 min lockerer Lauf oder Bike. Füße frisch halten. Kurze Laufdrills: A-Skips 2 x 20 m, schnelle Knie 2 x 10 s.
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Donnerstag – Serve + 1 und Reaktionsgeschwindigkeit
- Warm-up 8 min.
- Serve + 1 Micro-Split: 6 x 4 Aufschläge, 60 s Pause.
- Reaktive Coach-Feed: 3 x 8 Bälle, 60 s Pause.
- 2-Shuttle Timing Test: 6 pro Seite, 20-30 s Pause. Zeiten notieren.
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Freitag – Technik leicht
- 3-Beat Metronom Drill: 2 x 90 s pro Seite, locker.
- Pogo to Push: 4 x 4 Wdh, 45 s Pause.
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Wochenende – Matchplay light
- Ein Satz pro Tag. Fokus: Landen am Kontakt. Nach dem Match 3 Kurzclips filmen.
Woche 2
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Montag – Feinschliff + Video
- Warm-up 10 min.
- Micro-Split Ladder bei 110-120 BPM: 4 Stufen.
- Slow-Mo Check: 8 Rallyes je Seite, Frames zählen. Ziel: 4-8 Frames Landung bis erster Schritt.
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Dienstag – Return-Spezifik
- Return Block-Read: 5 x 6 Returns, Seitenwechsel. Ziel: leise Landung, früher Push.
- 3-Beat Drill: 2 x 90 s pro Seite.
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Mittwoch – Off oder leichtes Ausdauer-Reset
- 20-30 min locker. 4 x 10 s Strides mit 50 m Auslauf. Denke „kurzer Bodenkontakt“.
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Donnerstag – Testtag
- Warm-up 10 min.
- 2-Shuttle Timing Test: 8 Versuche pro Seite, beste 6 werten.
- Serve + 1 Micro-Split: 4 x 4 Aufschläge. Fokus Qualität, kein Volumen.
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Freitag – Integration im Punktspiel
- Punktspiele ab 30-30 starten. Jeder Punkt beginnt mit lautem Selbst-Cue: „Land jetzt. Push früh.“ 30 Minuten.
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Wochenende – Matchplay + Re-Test Kurz
- Ein Match. Danach 3-Beat Drill 1 x 90 s pro Seite. Kurze Reflexion im OffCourt Sheet: Was hat getriggert, wenn du zu spät warst?
Belastungssteuerung: Wenn Waden müde wirken, reduziere Sprunghöhe, behalte aber das Timing bei. Qualität vor Höhe.
Daten und Tracking in der Praxis
- Metronom-Trefferquote: Prozent der Landungen genau auf Schlag 1. Ziel > 80 Prozent.
- Slow-Mo Frames: Median 4-8 Frames Landung bis erster Schritt bei 240 fps.
- 2-Shuttle Mittelwert: Unter Zielwert, Streuung klein. Notiere Bestzeit, Durchschnitt, Standardabweichung.
- Match-Notiz: 3 Situationen, in denen du zu spät warst. Ursache markieren: Lesefehler, Sprunghöhe, Baseline-Position.
Ein schlichtes OffCourt Blatt mit drei Spalten reicht. Datum, Drill, Kennzahl. Mehr brauchst du nicht.
Häufige Fehler und schnelle Korrekturen
- Zu hoher Split: Du „hängst“ in der Luft. Korrektur: Mini-Split. Denke „Stempel“. Arme näher am Körper.
- Landung nach dem Gegnerkontakt: Korrektur: Starte Split früher. Trigger ist die Ausholbewegung des Gegners.
- Erster Schritt zögert: Korrektur: Richte die Hüfte in Bewegungsrichtung während der Landung aus. Sag dir „Hüfte zuerst“.
- Lautes Aufsetzen: Korrektur: Fuß unter dem Körperschwerpunkt landen lassen, nicht vor dir. Denke „leise“.
- Falsche Richtung: Korrektur: Blick am Ball, nicht am Schläger des Gegners kleben. Mini-Fake vermeiden.
Indoor-spezifische Feinheiten
- Basisposition 20-40 cm weiter vor der Grundlinie als draußen. Weniger Zeit erfordert weniger Tiefe.
- Schläger ruhiger vor dem Körper. Kein Pendeln. Das reduziert Latenz.
- Schuhe prüfen: Sohle sauber, genug Grip. Kein unnötiges Rutschen.
Ein einfacher Platz-Test in 8 Minuten
- 2 Minuten: 3-Beat Drill bei 110 BPM, 1 x 90 s pro Seite.
- 3 Minuten: 2-Shuttle Test, 3 Versuche pro Seite, beste Zeit notieren.
- 3 Minuten: 4 Slow-Mo Rallye-Clips. Frames grob zählen.
Wenn zwei Messwerte schwach sind, trainierst du noch am selben Tag Mini-Split und Pogo to Push, je 2 kurze Serien.
Fazit
Der Schritt vom Outdoor-Sommer zum Indoor-Herbst ist hart. Aber er ist präzise trainierbar. Landen am Gegnerkontakt. Push auf deiner Bounce. Erster Schritt früh und gerichtet. Mit Metronom, Slow-Mo und einem simplen 2-Shuttle Test steuerst du das Timing wie eine Lauf-Cadenz.
Ich nutze genau diese Bausteine jedes Jahr, wenn die Hallensaison startet. Klein, messbar, wiederholbar. Halte es simpel. Tracke sauber. Gewinne die ersten zwei Schritte.
Für Teams in dieser Woche auf Indoor-Hartplätzen: Ein 20-Minuten Timing-Block vor dem Training zahlt sich bereits im nächsten Tiebreak aus.
Kurze Checkliste
- Landest du am Gegnerkontakt? Ja/Nein
- Beginn erster Schritt in 0,15-0,25 s? Ja/Nein
- Mini-Split statt großer Sprünge? Ja/Nein
- 3-Beat Drill bei 110 BPM stabil? Ja/Nein
- 2-Shuttle unter Zielzeit und konsistent? Ja/Nein
- Slow-Mo Frames im Zielbereich? Ja/Nein
Nächste Schritte auf dem Court
- Heute: 3-Beat Drill 2 x 90 s pro Seite. Pogo to Push 4 x 4 Wiederholungen. 2-Shuttle Test 4 Versuche.
- Morgen: Return-Block auf Deuce und Ad. Landung am Kontakt. 5 x 6 Returns.
- Übermorgen: Serve + 1 mit Mikro-Split, 6 x 4 Aufschläge. Kurz filmen. Werte ins OffCourt Sheet. Entscheide danach, ob du die BPM oder die Sprunghöhe anpasst.
Bleib pragmatisch. Miss wenig, aber regelmäßig. Und erinnere dich vor jedem Return: Land jetzt. Push früh.